Meine Suche nach der klimafreundlichen Ernährung – Teil 2

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Laut CO2-Rechner vom Umweltbundesamt liegt der Ernährungsfussabdruck* einer erwachsenen Frau mit durchschnittlichem Kalorienbedarf zwischen 0,7 t und 2,4 t CO2e** im Jahr – je nach Ernährungsgewohnheiten.

Ist das viel?

Wenn du regelmäßig deine internationalen Flüge „kompensierst“, lachst du vermutlich über die 2,4 t. Schaust du hingegen auf das Emissionsbudget, dass laut IPCC-Bericht noch ausgestoßen werden darf, bis es sehr ungemütlich auf dem überwiegenden Teil dieses Planeten wird, sieht das etwas anders aus. Nur so als Größenordnung: Der WBGU berechnete das klimafreundliche CO2e-Jahresbudget eines Erdbewohners mit 2,7 t.

Insbesondere in reichen Ländern übersteigt der CO2e-Ausstoß pro Person diese Zahl um ein Vielfaches. Nahrungsmittelproduktion verursacht dabei global circa 26% der Treibhausgase.

Diese Aspekte möchte ich näher beleuchten:

  1. Tierprodukte vs. Pflanzen
  2. Regional vs. International
  3. Saisonal
  4. Abgrund der Fäulnis

Tierprodukte vs. Pflanzen

Zählen wir alle Anteile der Fleisch- und Fischproduktion (Tierzucht direkt, Wildfang, Pflanzen als Tiernahrung und Landnutzung – ohne Lieferkette) aus der Grafik oben zusammen, kommen wir auf 55 % der durch Nahrung verursachten Emission. Diese hohe Zahl ist einfach zu erklären:

  • Die Produktion ist weniger effektiv, weil man seine Nahrung erstmal über einen längeren Zeitraum selbst füttern muss.
  • Der Platzbedarf ist vergleichsweise hoch.
  • Wiederkäuer stoßen viel Methan aus, was einen sehr viel größeren Effekt auf das Klima hat als CO2.

Sollten jetzt also alle Erdenbewohner Veganer werden?

Nein. Erstens bricht vermutlich der Hälfte der Bevölkerung allein bei der Vorstellung der Angstschweiß aus. Zweitens gibt es große Areale, die zum Pflanzenanbau nicht geeignet sind und deren Bewohner Viehzucht als Lebensgrundlage haben. Drittens sind kleine Mengen von Tierprodukten (z. B. 3–5 % Fleisch) durchaus gesund.

Michael Silverstein erklärte schon 2013 am Beispiel von China, dass der global stark zunehmende Fleischkonsum nicht nur gesundheitliche Schäden verursacht. Die Lebensmittelversorgungskette kann mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten, weil die Ressourcen unseres Planeten an die Grenzen geraten. Verknappungen durch Klimawandeleffekte wie die Verwüstung von Landstrichen, das globale Bevölkerungswachstum und der steigende Konsum führen heute schon zu Konflikten um Wasser, Nahrung und Land.

Es gibt also zahlreiche Gründe, seinen Fleischkonsum auf den Sonntagsbraten zu reduzieren.

Und was ist mit Milch und Käse?

Hier blutet mein Herz, weil der Fußabdruck meiner geliebten Milchprodukte nur unwesentlich besser ist als der von Rindfleisch. Schließlich bedarf es der gleichen Tiere… Mike Bern Berners-Lee kalkuliert (S. 105): Für 1 kg Käse braucht es 10 l Milch = 12 kg COe2. In der Rechnung von Our World in Data sind es sogar 21kg. (Die Abweichungen sind einfach zu erklären, da es unterschiedliche Grenzziehungen gibt, was in die Kalkulation einbezogen wird; es verschiedene Arten Käseproduktion gibt etc.)

Packen wir also laut weinend den Parmesan zur Seite und schauen uns das Grünzeug an. Die Grafik oben vermittelt den Eindruck, dass Pflanzen immer eine gute Wahl sind – und das ist auch erstmal eine sehr gute Richtung. Natürlich ist es bei näherem Hinsehen nicht mehr ganz so einfach…

Regional vs. International

Ist aus Deutschland immer besser als aus Peru?

Oft ja, aber nicht unter allen Umständen. Wenn deine Tomaten aus einem beheizten Gewächshaus in der Nachbarschaft kommt, hat sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen deutlich größeren ökologischen Fußabdruck als die Banane aus Peru. Das liegt vor allem am hohen Energiebedarf für die künstlich erzeugte Wärme.

Kopfsalat, Spargel, Tomaten, Erdbeeren und Schnittblumen wachsen außerhalb der Saison in der Regel in beheizten Gewächshäusern, was verhältnismäßig viel CO2e erzeugt. (Berners-Lee S. 181)

Trotz des schädlichen Schweröls, mit dem Frachtschiff oft betrieben werden, fällt der Seetransport gar nicht so sehr ins Gewicht. Grund sind die hohen Mengen, die auf diesem Weg gleichzeitig transportiert werden. Orangen und Bananen sind klassische Beispiele für Obst, dass sich gut verschiffen lässt.

Ganz anders sieht die Lage bei eingeflogenen Nahrungsmitteln aus:

Essen einfliegen ist die klimafeindlichste Transportoption!
Schnell verderbliche Lebensmittel wie Erdbeeren und Spargel werden außerhalb der Saison eingeflogen. Auch Frischfleisch und -fisch von anderen Kontinenten werden in Flugzeugen transportiert. (Berners-Lee S. 178)

Straßentransport liegt im Mittelfeld – aber nur, weil die Wege kürzer als beim Flugverkehr sind. Züge schneiden etwas besser ab. Auch Kühlhäuser gehören ins Mittelfeld der Optionen.

Saisonal

Regionales Obst und Gemüse sind vor allem dann super, wenn es Saison hat. Dann kann es einfach draußen wachsen und es wird keine zusätzliche Energie benötigt. Bonuspunkte gibt es, wenn du selbst Tomaten und Erdbeeren anpflanzt.

Anregungen zur Teilautomatisierung von Gemüsebeschaffung habe ich hier gesammelt.

Merke: Regional und Saisonal sind vor allem gemeinsam ein starkes Team!

Abgrund der Fäulnis

Selbst wenn du dich ausschließlich von Lamm, Käse und Papaya aus Übersee ernähren willst, gibt es eine sehr wesentliche Sache, die du beitragen kannst:

Lass nichts schlecht werden!

Lebensmittelabfälle verursachen 4 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen! In Deutschland werden pro Kopf und Jahr 81 Kilogramm Lebensmittel zu Abfall, weil sie schlecht oder zu lange gelagert wurden.

Zusammengefasst

*Je nachdem, was in die Berechnung mit einbezogen wird, macht unsere Ernährung 14% bis 35% des durchschnittlichen ökologischen Fußabdrucks einer Person in Deutschland aus.

**CO2e = CO2 und andere Treibhausgase, deren Impakt der Einfachheit halber in CO2-Impact umgerechnet wurde.